Mahayana-Buddhismus
Der Mahayana-Buddhismus geht davon aus, dass vor dem historisch bezeugten Buddha Shakyamuni, der 563 v.Chr. in Lumbini geboren wurde, schon viele andere Buddhas gelebt und die gleiche Lehre verkündet haben. Außerdem erwarten die Mahayana-Buddhisten, ebenso wie die Hindus ihren Kalkinavatar (Inkarnation Vishnus), den Buddha der Zukunft, Maitreyabuddha. Der Mahayana-Buddhismus stellt sich einen Urbuddha bzw. ein Urprinzip, Adi Buddha, vor, aus dem die fünf Dhyani Buddhas entstammen. Die Dhyani Buddhas werden als die fünf Elemente, aus denen der Kosmos besteht, oder als die Hauptformen der Energie des Buddhawesens betrachtet.
Dhyani Buddha
Bedeutung
sonnengleich Strahlender
der Unerschütterliche
der als Juwel Geborene
grenzenloses Licht
unerschütterliche Kraft
verkörpert
Weisheit
Zuverlässigkeit
Gleichmut
Mitgefühl
Furchtlosigkeit
Bodhisattva
Manjushri
Vajrapani
Ratnapani
Avalokiteshvara
Maitreya
Himmelsrichtung
Zentrum
Osten
Süden
Westen
Norden
Farbe
weiß
blau
gelb
rot
grün
Element
Äther
Wasser
Erde
Feuer
Luft
Symbol / Attribut
Rad der Lehre (Cakra)
Diamantzepter (Vajra)
Juwel (Ratna)
Lotusblüte (Padma)
Doppeldorje (Visvavajra)
Emblem
Drache
Elefant
Pferd
Pfau
Garuda
Sinn
Sehen
Hören
Riechen
Schmecken
Tasten
Skandha / Gruppe
Bewusstsein (Vijnana)
Körper Gestaltung (Rupa)
Empfindung (Vedana)
Wahrnehmung (Samjna)
Bildekraft, Wollen (Samskara)
Grundübel Laster
Verblendung Unwissenheit
Hass
Ich-Sucht Stolz
Leidenschaft Begierde
Neid, Geiz, Eifersucht
Weisheit / Tugend
universale Weisheit des Dharma
spiegelgleiche Weisheit
Weisheit der Gleichheit aller Wesen
Weisheit der Unterscheidung, Klarschau
alles vollendende Weisheit
transformiert Unwissenheit
Verblendung
Täuschung
Hass
Zorn
Ärger
Stolz
Überheblichkeit
Eigendünkel
Begehren
Sehnen
Gier
Neid
Missgunst
Eifersucht
Weisheits-partnerin
Weiße Tara
Locana
Mamaki
Pandara
Grüne Tara
Handhaltung (Mudra)
Lehren (dharmacakra)
Erdanrufung (bhumisparsa)
Wunsch-gewährung (varada)
Meditation (dhyana)
Furchtlosigkeit (abhya)
Die fünf Buddhas stehen für fünf Weisheiten, die jedoch dem falsch Wahrnehmenden als fünf „Gifte“ oder verblendete Gefühle erscheinen.
Vairochana
Vairochana (weiß) steht für das Grundgift der Verblendung durch Unwissenheit und Ignoranz, aus dem sich alle anderen Gifte entwickeln. Die Weisheit ist das Erkennen des grenzenlosen, alldurchdringenden Raumes, in dem jedes Ding existiert, wie es wirklich ist. Die Essenz von Vairocana verwirklicht man, indem man in sich ruht und die Dinge auf eine direkte und unmittelbare Weise offen und liebevoll wahrnimmt - ohne den Versuch einer intellektuellen Kategorisierung oder Benennung.
Akshobhya
Akshobhya (blau) zeigt das Gift Aggression oder Hass, Zorn und Widerwillen. Es wird durch spiegelgleiche Weisheit, die jedes Ding gelassen und unkritisch reflektiert, durch klare und unverfälschte Sicht auf die Wahrheit umgewandelt. Die Essenz von Aksobhya verwirklicht man, indem man sich vornimmt, kein einziges Wesen zu hassen oder ihm aus aus Zorn schaden zu wollen, egal was es tut oder getan hat.
Ratnasambhava
Ratnasambhava (gelb) verdeutlicht das Gift der Begierde und des Stolzes und der Überheblichkeit. Sein Gegenmittel ist die Unterscheidende Weisheit und der Gleichmuts. Die Essenz von Ratnasambava verwirklicht man, indem man erkennt, dass wir alle die gleiche Natur haben und den Reichtum des Geistes teilen.
Amitabha
Amitabha (rot) symbolisiert Leidenschaft und Verlangen und die damit verbundene Gier. Die dazugehörige Weisheit ist die Unterscheidung, aus der die Zurückhaltung und Losgelöstheit kommt, mit der Leidenschaft in Mitleid umgewandelt wird. Die Essenz von Amithaba verwirklicht man, indem man der Begierde, dem Verlangen nach Genüssen und schönen Erfahrungen, die Anhaftung entzieht. So kann man das, was ist, geniessen, ohne zu leiden, wenn es sich wieder wandelt oder man es nicht bekommen kann.
Amoghasiddhi
Das mit Amoghasiddhi (grün) verbundene Gift ist der Neid und die Eifersucht. Der erleuchtete Aspekt ist die vollendete Wahrheit. Die Essenz von Amoghasiddhi verwirklicht man, indem man anderen immer gönnt, was sie haben und geniessen und sich ehrlich mitfreut. Auf diese Weise nimmt man an ihrem Glück teil, statt sich davon abzuschneiden und zu leiden.
Die Dhyani Buddhas in den Nischen des Svayambhunath Stupa
Durch die Auseinandersetzung mit den fünf Buddhas kann die eigene Buddhaschaft erreicht werden. Ein Bodhisattva ist ein Erleuchteter, der nach der Verwirklichung dieser Tugenden „Bodhi“ (Erleuchtung) erlangt hat. In seinem grenzenlosen Mitleid für die Menschen verzichtet der Bodhisattva darauf, ins vollkommene Nirvana einzugehen. Er wirkt weiter, bis alle Lebewesen vom Rad der Wiedergeburt befreit sind.
fünf Dhyani Buddhas, aus Daniel Wright: „History of Nepal“, London 1877
Im Mahayana-Buddhismus, dem „Großen Fahrzeug“ geht es um die Erlösung vieler, während es im Hinayana-Buddhismus, dem „Kleinen Fahrzeug“, nur um die Erleuchtung des Einzelnen geht. Obwohl der Mahayana Buddhismus sich geschichtlich erst nach dem Hinayana-Buddhismus entwickelte, waren seine Ideale bereits vom historischen Buddha Shakyamuni verwirklicht worden, der nach seiner Erleuchtung darauf verzichtet hatte, sofort ins Nirvana einzugehen, um zum Wohle aller seine Lehre zu verbreiten. Insofern war er schon ein Bodhisattva, wie ihn der Mahayana-Buddhismus darstellt. Eine Weiterentwicklung des Mahayana findet sich im Vajrayana, der den Bodhisattva-Pfad des Mahayana mit tantrischen Methoden ergänzt.