Britisch-Nepalischer Krieg 1814-1816
Brief vom 9. Phalgun 1872 BS = 13. März 1816 AD


von Kaji Ranadhuj Thapa in Makwanpur an General Bhim Sen Thapa in Kantipur (Kathmandu).
Der Brief wurde mit Staatskurieren überbracht.
Die (damals übliche) Inhaltsangabe ist in lila auf dem Umschlag vermerkt:

Der Brief beinhaltet den korrigierten Entwurf für den „Vertrag von Segauli“,
bei dem die noch heute gültigen Landesgrenzen Nepals festgelegt wurden.

Sechs Siegel der nepalesischen Militärführung gehören:
1. Bakhat Singh Sardar, 2. Chautaria Pram Shaw, 3. Col. Ranabir Singh Thapa,
4. Kaji Dal Bhanjan Pandey, 5. Narsingh Thapa Kaji, 6. Captain Haruko
Der geschichtliche Hintergrund:

1743 wurde Prithvi Narayan Shah König von Gorkha. Rivalitäten zwischen den im Kathmandu-Tal herrschenden Malla-Königen ermöglichten ihm, das Gorkha-Reich entscheidend auszudehnen. Nach 25-jährigen Eroberungsfeldzügen konnte er im Jahr 1768 die geschwächten Königreiche Kantipur (Kathmandu), Bhat Gaon (Bhaktapur) und Lalitpur (Patan) übernehmen und so zum Herrscher über das Kathmandu-Tal werden.

Mit der Übernahme des Kathmandu-Tals begann Prithvi Narayan einen Prozess der militärischen Eroberung und Unterwerfung weiterer zahlreicher Kleinstaaten und Völker Nepals, der von seinen Nachfolgern konsequent fortgesetzt wurde. Doch die Expansionsabsichten gingen über die Eroberung nepalischer Kleinstaaten weit hinaus. Richtung Osten dehnten die Gorkhas ihr Reich aus, indem sie zunächst Gebiete in Ostnepal überrannten und schließlich nach einem extrem heftigen Krieg 1789 auch Sikkim im Osten von Nepal eroberten. In westlicher Richtung fielen nach weiteren Kriegen bis 1794 Kumaon und Garhwal ebenfalls an die Gurkhas. Nepals Ausdehnungsversuche in nördlicher Richtung führten zum ersten und zweiten Nepal-Tibet Krieg 1788-1792. Im Süden dagegen trafen die Gorkhas auf die gleichzeitig nach Norden vorstoßende „British East India Company“, die sich bereits auf einen Krieg gegen das in ihren Augen übermächtig gewachsene Königreich Nepal vorbereitete.

Die Kriegserklärung wurde noch im selben Jahr am 1. November 1814 durch Lord Warren Hasting dem General-Gouverneur der „East India Company“ gemacht, obwohl die britische Invasion schon vorher begonnen hatte. Mit insgesamt 23.500 Soldaten gut ausgerüstet mit Kanonen und Gewehren zogen die britischen Truppen nun in den Kampf gegen die Gurkhas. Später wurde die britische Armee sogar noch durch weitere 26.000 Soldaten verstärkt. Dagegen kämpften 12.000 Gurkha-Soldaten unter dem Kommando von Kazi Amar Singh Thapa und Balabhadra Kunwar.

Mit dieser deutlichen zahlenmäßigen Übermacht fielen die Truppen der „East India Company“ fast gleichzeitig mit ihren überlegenen Waffen in Nepal ein. Doch die Gurkhas schlugen sich tapfer und fügten der britischen Armee großen Schaden zu. Sie kämpften lange mit aller Kraft für ihr Land bis die letzten Gorkha-Soldaten keine Alternative mehr hatten und sich von den Schlachtfeldern zurückzogen.

Im Mai 1815 begannen Friedensverhandlungen, zu denen von nepalischer Seite der oberste Priester Raj Guru Gajaraj Mishra und Chandra Shekhar Upadhya gesendet wurden. Die Verhandlungen führten zunächst zu einem ersten Vertrag, der zugunsten der „East India Company“ abgeschlossen wurde. Sollten die Gurkhas doch sämtliche Gebiete der südnepalesischen Tiefebene zusammen mit den Gebieten westlich des Flusses Mahakali sowie östlich des Flusses Mechi an die „East India Company“ abtreten. Im Gegenzug enthielt der Vertrag die Zahlung einer jährlichen Entschädigung für nepalesische Herrscher, die durch die Abtretung ihrer Gebiete Verluste hinnehmen mussten.

Da Nepal diese Bedingungen nicht akzeptierten wollte, drohte General Ochterlony mit einer neuen Atacke gegen die Täler Rapti, Makwanpur, Bagmati. Bhimsen Thapa unterbreitete daraufhin den Vorschlag, die Abtretung der Terai-Gebiete gegen einen Barausgleich an Lieutenant Colonel Paris Bradshaw, dem Zeichnungsbevollmächtigten der „East India Company“, zu ersetzen. Doch Bradshaw bestand darauf, dass der Vertragsentwurf zuerst akzeptiert und ratifiziert werden müsse. Daraufhin begann die Armee der „East India Company“ mit offensiven Angriffen an verschiedenen Plätzen Nepals. Im Februar 1816 eroberten sie Makwanpur und stellten sich zu einer direkten Bedrohung der Hauptstadt Kathmandu auf. Durch diese Bedrohung sah sich Nepal verpflichtet, den Vorschlag eines zweiten Entwurfs vom 2. Dezember 1815 zu akzeptieren. Dieser wurde von Guru Gajaraj Mishra und Chandra Sekher Upadhyaya für den König Nepals und von Lt. Col. Paris Bradshaw für Britisch Indien unterschrieben. Diese Verträge wurden am 4. März 1816 in Makawanpur von Chandra Sekher Upadhyaya und von General David Ochterlony für Britisch Indien ausgetauscht. Der jetzt gültige Vertrag wurde vermutlich mit dem oben abgebildeten Brief nach Kathmandu gebracht und Bhimsen Thapa zugestellt, der ihn am 13. März 1816 erhielt.
Die endgültigen Landesgrenzen nach dem „Vertrag von Segauli“
Der endgültige „Vertrag von Segauli“ - the „Treaty of Segauli“

Demnach musste Nepal Sikkim im Osten sowie Teile des Terai im Süden und die Gebiete Kumaon, Garhwal und Sirmur im Westen an Indien abgeben. Die heute noch geltenden Landesgrenzen Nepals fanden in diesem Vertrag ihren Urprung. Die schlimmste Niederlage für die Nepalis lag jedoch darin, dass sie eine britischen Residenz in Kathmandu als Beobachter hinnehmen mussten. Der neue „Vertrags von Segauli“ („Segauli Treaty“) sollte ein Vertrag des Friedens und der Freundschaft zwischen Nepal und der „East India Company“ werden. Er berücksichtigte den Einspruch der nepalischen Regierung gegen den ersten Vertragsentwurf und erhielt jetzt eine geänderte Fassung, in der Nepal die Ländereien des Terai vom Fluss Mechi im Osten bis zum Mahakali im Westen zugesprochen wurde. Dagegen wurde die Zahlung einer jährlichen Entschädigung aufgehoben.