Proteste der Tibeter am 14. März 2008 in Kathmandu
Rückblick:

Nachdem es seit 1911 keinen fremden Einfluss in Tibet gab, erlebte das Land 1949 einen tragischen Wendepunkt in seiner Geschichte als die Volksbefreiungsarmee der Volksrepublik China in Tibet eindrang. Nach Niederwerfung des kleinen tibetischen Heeres und der Besetzung des halben Landes zwang die chinesische Regierung im Mai 1951 der tibetischen Regierung das sogenannte „17-Punkte Abkommen zur Friedlichen Befreiung Tibets“ auf, das angeblich „die Zustimmung und Unterstützung der Menschen aus jeder ethnischen Volksgruppe Tibets genoss“ (China White Paper). Die Invasion Tibets durch Truppen der Volksbefreiungsarmee 1949-50 wird in der offiziellen chinesischen Geschichtsschreibung als eine „friedliche Befreiung“ bezeichnet.
tibetische Friedensmission 1950
1950 machte sich eine tibetische Friedensmission auf den Weg zu Verhandlungen nach Peking, um den aufgekommenen Disput mit den Chinesen zu beschwichtigen. Unterwegs erreichte sie jedoch die Nachricht, die Chinesen seien in Tibet eingefallen, und der junge Dalai Lama sei noch in der tibetischen Hauptstadt Lhasa. Daher brachen sie ihre Reise an der indische Grenzstadt Kalimpong (Darjeeling) ab.
Anfänglich waren einige Tibeter über den Einmarsch der Chinesen noch zuversichtlich, versprachen die Kommunisten unter Mao Zedong doch, das tibetische Volk von seiner „brutalen Mönchsdiktatur“ zu befreien und Modernität und Wohlstand einzuführen. Doch die Stimmung wandelte sich schnell, denn die Chinesen hielten ihre Zusage, den Tibetern auch weiterhin ihre Traditionen und ihren Glauben zu belassen, nicht. Verheerend wirkte sich z.B. die Kollektivierung der Landwirtschaft aus. Tibetische Nomaden sollten in sogenannten Volkskommunen sesshaft gemacht werden, wobei ihr traditioneller Lebenswandel zerstört wurde.

In Osttibet trieb die Diskriminierung und Unterdrückung der traditionellen Lebensweise durch die Chinesen Hunderte von Tibetern in die Berge, wo sie einen Guerilla Krieg führten, während Tausende westwärts nach Lhasa flohen, um der chinesischen Verfolgung zu entgehen. Damit einher ging auch die systematische Zerstörung von religiösen Einrichtungen und die Gefangennahme von Mönchen, Nonnen und örtlichen Volksführern.
Auf der Flucht 1950 Auf der Flucht 1950
Tibetische Armee vor Lhasa Flucht nach Nordindien 1959
Ende der 50er Jahre wurde im besetzten Tibet durch den stetigen Zuzug von Chinesen die Versorgungslage der tibetischen Bevölkerung dramatisch schlecht. Es breitete sich von den Ostprovinzen Tibets her ein bewaffneter Widerstand gegen die chinesischen Besatzer aus, der im März 1959 kulminierte und schließlich seinen Höhepunkt in einem offenen Volksaufstand erreichte, der von den Chinesen allerdings brutal niedergeschlagen wurde. Seine Heiligkeit der 14. Dalai Lama wurde zur Flucht aus Tibet nach Nordindien ins Exil gezwungen und widerrief das „17-Punkte Abkommen“. Bereits chinesische Daten nennen eine Zahl von 87.000 Toten bei dem Volksaufstand und den darauf folgenden Unruhen. Tibetische Quellen lassen vermuten, dass bis zu 430.000 Tibeter in dem Aufstand und den folgenden Jahren von Guerilla-Kampfhandlungen und als Gefangene in den Gefängnissen und Arbeitslagern umkamen. Im Lauf der „Großen Proletarischen Kulturrevolution“ (1966-1976) fielen Rote Garden immer wieder über die vermeintlich „revisionistischen“ und „imperialistischen“ Tibeter her. Tausende Mönche wurden in Lager gesteckt oder getötet, unzählige uralte Reliquien zerstört, Hunderte Klöster dem Boden gleich gemacht.Von 1949 bis 1984 verloren schätzungsweise 1,2 Millionen Tibeter als Folge der chinesischen Besatzung Tibets ihr Leben.
Der Aufstand in Lhasa und die Flucht des Dalai Lama
Alljährlich finden aus diesem Anlass in Lhasa und in Kathmandu friedlich verlaufende Gedenk-Demonstrationen am 10. März statt, dem Jahrestag des Tibetaufstandes von 1959, der die Flucht des Dalai Lama nach Indien zur Folge hatte - so auch 2008. Am Beginn standen gewaltfreie Demonstrationen parallel zu den Demonstrationen der Mönche des am Rande von Lhasa gelegenen Sera-Klosters, die die Rückkehr des Dalai Lama und die Unabhängigkeit Tibets forderten. Von den chinesischen Behörden wurden diese Proteste vorerst geduldet. Als jedoch am 14. März in den hauptsächlich von Tibetern bewohnten Teilen Lhasas Ausschreitungen begannen, bei denen Geschäfte und Fahrzeuge von Han-Chinesen geplündert und in Brand gesetzt wurden, begann die nepalische Polizei die parallelen Proteste in Kathmandu rigoros zu unterbinden. Denn in diesem Jahr will China wegen der anstehenden olympischen Spiele kein Aufsehen in der Weltöffentlichkeit und geht mit mehreren Tausend Sicherheitskräfte mit unverhältnismäßig großer Gewalt gegen die Demonstranten vor. Dies wiederum ist Anlass für die in Nepal leben Exil-Tibeter, welche nach der Besetzung aus Tibet geflohen waren, auf das unmenschliche Verhalten der Chinesen mit Protestdemonstrationen in Bodhnath oder vor Institutionen der UNO in Kathmandu hinzuweisen. Da Nepal jedoch aus wirtschaftlichen und politischen Gründen dem Druck aus China nachgibt, werden diese Demonstrationen brutal niedergeknüppelt.